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Mit dem Schreiben diverser Texte, Geschichten und Gedichte zur Verarbeitung des Verlustes meines Vaters fing ich im August 2014 an. Dort entstand der Wunsch und das Streben danach, daraus ein Buch zu machen. Seitdem schreibe ich fast wöchentlich und halte meine Erlebnisse und somit auch die Entwicklung meiner Trauer fest. Heute, 10 Jahre später gehört der Tod zu meinem Leben. 
EINTRAG 1:
Der Tag, der alles veränderte 
Es war der 03.04.2013, der Mittwoch der zweiten Ferienwoche der Osterferien. Es war der Tag, an dem ich meinen Vater verlor. Nie hätte ich gedacht, dass ich Papa verlieren würde. Vor Omas Tod hatte ich Angst, weil Papa dann sehr traurig sein würde, doch dass er vor ihr stirbt war für mich nicht denkbar! Ich war gerade 13 Jahre alt, alle hatten Eltern, weshalb sollte es bei mir anders sein? 

Alles schien normal und doch kommt der eine Moment, der eine Anruf, der alles verändert. 

EINTRAG 2: 
Wie die Zeit vergeht und wie man damit umgeht 
4 Jahre nach Papas Tod habe ich gelernt, damit zu leben. Ich bin glücklich und zufrieden und schätze mein Leben! Ich stehe gern anderen bei, die einen geliebten Menschen verloren haben und Hilfe brauchen. Der Tod ist nunmehr mein Leben!! Wenn ich einen meiner langen Spaziergänge über unseren Friedhof mache, denke ich viel über den Tod und die Wichtigkeit des Abschiednehmens nach. Ich bin Christ und mein Glaube gibt mir Kraft. 

EINTRAG 3: 04.01.2018 
Wie verändert es einen Menschen, wenn er viel mit dem Tod zu tun hat? 
Mich hat es verändert. Ich habe gelernt mein Leben mehr zu genießen, es nicht einfach wegzuwerfen, weil es gerade nicht so läuft, wie ich es gern hätte. Und, dass andere nicht daran Schuld sind, dasses mir nicht gut geht, sondern, dass jeder selbst für sein Glück verantwortlich ist. Es liegt immer auch an der Einstellung. Ich lege auf die kleinen Momente und Wunder mehr Wert und schöpfe aus ihnen Kraft. Es geht immer irgendwie weiter. Am Ende wird alles gut und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende! Niemals den Mut verlieren! 

Eintrag 4: 27.9.2018 
Deprimierend oder motivierend?! 
Viele Menschen fragen mich, ob es mich nicht deprimiert, ständig mit Tod und Sterben zu tun zu haben, und ständig darüber nach zu denken. Nein, das tut es nicht! Erstens, gehört er zum Leben dazu, zweitens ist es einfach mein Thema und drittens beschäftige ich mich nicht Tag und Nacht damit. 
Es gibt Zeiten, in denen man sich mehr oder weniger damit auseinander setzt. Wenn der Todestag, der Geburtstag oder besondere Feste bevorstehen beispielsweise. Aber auch wenn jemand aus der Bekanntschaft, oder dem Freundeskreis (plötzlich) gestorben ist. Wenn man von einem plötzlichen Todesfall hört, oder wenn man wie ich in einem stationären Hospiz den Bundesfreiwilligendienst ableistet. 



EINTRAG 5: 20.03.2019

Meine Zeit im Hospiz - Bundesfreiwilligendienst im stationären Hospiz

Meine Zeit im Hospiz war intensiv, manchmal auch emotional. Sie war beeindruckend und machte nachdenklich. Sie hat mich gelehrt, das Leben noch mehr zu genießen. Weniger Wert auf Dinge zu legen, die mich ärgern. Stets offen, freundlich und hilfsbereit zu sein. 

Das Leben ist wertvoll, egal, ob krank oder gesund, ob mit, oder ohne Probleme, ob arm oder reich. 


EINTRAG 6: 15.08.2019

Leben nach dem Suizid 

Vor knapp 4 Wochen hat sich ein Mensch, den ich sehr gern hatte das Leben genommen. Der Schmerz ist keinesfalls mit dem der Familie zu vergleichen, dennoch tut es sehr weh.


Versuche die Gefühle nach einem Suizid zu beschreiben...

Es ist fast unmöglich...

Da ist unfassbar viel Traurigkeit, unfassbar viel ungläubigkeit, unfassbar viele Gefühle 

Da ist eine unfassbare Leere, eine unfassbare Frage nach dem Wert und dem Sinn des Lebens...

Ich bin nicht wütend und frage nicht nach dem warum, ich bin "nur" traurig.

Für die Familie tut es mir unfassbar leid, ihnen gilt mein tiefstes Mitgefühl. 

Da ist eine innere Verbundenheit...

Eine Erinnerung, die niemals vergehen wird.

Eine unendliche Dankbarkeit, die niemals enden wird. 

Da ist eine Erfahrung mehr, die man niemals hätte machen wollen. 

Da ist ein Mensch mehr, der uns unfassbar fehlen wird.


Ruhe in Frieden *17.05.1969 +26.07.2019 



EINTRAG 7: 15.08.2019 

Die Frage nach dem Wert und dem Sinn des Lebens 

Nach einem Suizid stelle ich mir die Frage, nach dem Sinn und dem Wert des Lebens. 

Schon oft kam ich an einen Punkt in meinem Leben, an dem es schien, als ob es nicht mehr weiter geht. Suizid erschien mir allerdings nie als Ausweg. Auch wenn man manchmal denkt, kann das alles nicht einfach vorbei sein? 

Nein, denn das Leben ist wertvoll. 

Ein Suizid ist meistens eine Affekthandlung, das heißt, dass man nicht viel darüber nachdenkt, sondern es einfach macht. 

Für die Hinterbliebenen ist das meist eine Tragödie. 

Wie konnte das nur passieren?

Warum hat er das getan?

Warum konnte ich ihm nicht helfen? 

Warum hat er nichts gesagt?

Warum habe ich nichts bemerkt? 

Ein Todesfall an sich ist schon schlimm genug, wenn es ein Unfall oder ein Suizid ist, dann ist es noch viel schlimmer. 


EINTRAG 8: 26.10.2019 

Mit der Zeit

Mit der Zeit verändern sich Gefühle, Gedanken und Stimmungen. Noch immer bin ich manchmal betrübt über vielen Todesfälle der letzten Jahre. 

Ich habe viel verloren, aber auch viel gewonnen, viele neue Erfahrungen, viele neue Gefühle und viele neue Menschen. Einge bedeuten mir sehr viel. 

Ich bin dankbar. 

Dankbar für diese Zeit.


EINTRAG 9: 08.03.2023

Die ersten Monate 

Die ersten Monate nach dem Tod meines Vaters waren sehr schwer für mich. Meine Gedanken kreisten die meiste Zeit nur um das Thema Tod. Gedanken um den Verlust meines Vaters und anderen geliebten Menschen und auch Gedanken um meinen eigenen Tod. Meine persönliche Situation war so bedrückend, dass ich am liebsten auch nicht mehr da sein wollte. Die Trauer um meinen Vater war so schwerwiegend, dass alles andere in den Hintergrund rückte. Mehrmals die Woche weinte ich stundenlang. Das hätte ich niemals erwartet. 


Meine schulischen Leistungen nahmen stark ab. Schule war nur nebensächlich, hauptsächlich galt es einfach zu überleben. Das Beratungsnetz meiner Schule gab sich sehr viel Mühe, mich zu begleiten und zu unterstützen. Ohne Sie hätte ich diese schwere Zeit niemals überwunden. Mit gleichaltrigen konnte ich nicht über den Verlust reden. Ich wollte immer darüber sprechen, während meine damals beste Freundin nach dem Tod ihres Vaters eher in sich gekehrt war und nicht darüber sprechen wollte vielleicht auch einfach nicht konnte. In den ersten Wochen erfuhr ich viel Verständnis, doch irgendwann ließ das nach. Das Leben geht weiter, obwohl meine Welt in Scherben lag.


EINTRAG 10: 30.07.2023

Ich habe das Ziel nicht aus den Augen verloren!

Mein Traum Bestatterin zu werden verfolge ich nun schon einige Jahre. 

Nach wie vor ist es mein größter Wunsch und mein größtes Ziel, das nun endlich zu schaffen. 

Aktuell sammle ich weitere Erfahrungen im Bestattungsunternehmen. Dazu gehört die Arbeit im Büro, die Trauergespräche, das Fahren eines Bestattungswagens und der Bereitschaftsdienst. 

Nach wie vor muss ich sagen, dass ich diesen Beruf einfach sehr liebe. Er füllt mich aus und bereitet mir viel Freude.