Notfallseelsorge

Wenn Menschen plötzlich in Krisen geraten, dann sind sie da: die Notfallseelsorger. 


Interwiew mit einer Notfallseelsorgerin


AN DER TÄTIGKEIT ORIENTIERTER TEIL 


Wie heißt ihre Tätigkeit?  Notfallseelsorger/in


Welche Fähigkeiten / Eigenschaften werden benötigt? 

Einfühlungsvermögen (Empathie) 

Seelische Belastbarkeit 

Ruhige Ausstrahlung 

Stressresistenz

Führerschein 

Ab 25 Jahren, nach einer abgeschlossenen Ausbildung 

Lebenserfahrung 

Verlusterfahrung 


Wie wird man Notfallseelsorger/in? Gibt es eine Ausbildung oder ein Seminar? 


Die Ausbildung findet an Wochenenden statt.

Es gibt 3 Pflichteinheiten.


Weiterhin gibtes verschiedene Weiterbildungen und Bücher. 

Es gibt auch Fachsymposien, dort sind mehrere Fachleute, die über die Arbeit berichten. 


Was sind Ihre Aufgabenbereiche/ Tätigkeiten? 


Begleitung der Polizei bei der Überbringung einer Todesnachrricht.

 z.B. bei Verkehrsunfällen mit tödlichem Ausgang 

Begleitung der Angehörigen in den ersten Stunden. 


Wie lange arbeiten Sie schon als Notfallseelsorger/in? 


12. Juli 2015 


Würden Sie diese Tätigkeit wiederergreifen?


Auf jeden Fall, ohne Bedenken. 


Sind NFSS auch Hauptberuflich oder nur Ehrenamtlich beschäftigt? 

NFSS sind immer ehrenamtliche Mitarbeiter.


Können Sie sich vorstellen, den Rest ihres Berufslebens als Notfallseelsorger/in zu arbeiten? 

Auf jeden Fall, ohne Bedenken. 


Was würden Sie einem (jungen) Menschen mit auf den Weg geben, der ebenfalls als NFSS arbeiten möchte? 

Er soll sich das gut überlegen, was er macht, er soll auf sein Bauchgefühl hören.


Wann wird ein/e NFSS gerufen? 

Allgemein bei Unfällen mit tödlichem Ausgang 

Wenn Menschen in Krisensituationen sind. 


Wie kann man sich den Ablauf eines Einsatzes der Notfallseelsorge vorstellen? 


Wenn es einen Vorfall gegeben hat, bei dem die Notfallseelsorge gebraucht wird, ruft die Polizei oder der Notarzt in der Leitstelle an.

Die Leistelle ruft dann je nach Dienstplan die diensthabebenden Notfallseelsorger an. Man bekommt Anweisungen z.B. Um was es sich handelt und Infos.

Dann fährt man zur Einsatzstelle, stellt sich vor und bietet Hilfe an. Man bleibt, bis das soziale Umfeld da ist und versichert sich, dass die Personen mit der Situation umgehen können. 



Bekommt man als NFSS auch mal Verstorbene, eventuell auch Unfallopfer zu sehen? Muss man damit rechnen? 

Ja man muss damit rechnen. Man muss dem Tod begegnen können.


Was ist Supervision? Wie oft wird sie durchgeführt?  Wie ist der Ablauf?  


Bei der Supervision sitzt man alle 2 Monate bis zu 2 Stunden im Team zusammen in einer Sitzrunde und spricht über akute Fälle und wie man das verarbeitet hat. 


Fährt man als NFSS allein oder mit anderen zusammen zum Einsatz? 


Das ist unterschiedlich. Wenn es mehrere Betroffene gibt, dann fahren mehrere Notfallseelsorger/innen mit. Bei der Überbringung einer Todesnachrricht fährt man allein. 



PERSÖNLICHER TEIL/ DAMIT EINHERGEHENDE VERÄNDERUNGEN 


Wie sind Sie zu Ihrer jetzigen Tätigkeit gelangt? Was war ausschlaggebend dafür?

"Durch den Unfalltod meines Sohnes im Juni 2013 war ich beim Unfallopfergedenkgottesdienst im Oktober 2013. Und wurde dort von ehrenamtlichen Mitarbeitern angesprochen, ob ich wüsste, was das sei und ob ich mir vorstellen kann, das auch zu machen. Ich habe mich daraufhin im Internet erkundigt und den Entschluss gefasst, mich dort vorzustellen."


Hatten Sie schon einmal einen Einsatz, der Sie an Ihre persönlichen Grenzen gebracht hat? Der Sie vielleicht noch einige Zeit danach beschäftigt hat? 


Nein, eigentlich nicht. Bis jetzt noch nicht. 


Fühlen Sie Unbehagen beim Anblick eines Verstorbenen? 


Bei meinem Sohn, sonst nicht.


Wissen Sie noch, wie das bei Ihrem ersten Verstorbenen war, den Sie gesehen haben? Wie alt waren Sie da? 


Ich habe mit 12 Jahren einen Nachbarn kopfüber in der Unstrut gesehen. Ich war sehr erschrocken. Ich durfte nicht zusehen, wie er geborgen wurde. 


Wissen Ihre Kinder, was Sie beruflich machen? 


Ja.


Sprechen Sie mit Kindern und Jugendlichen offen über das Thema Tod? 


Ja, wie mit dir zum Beispiel. 


Welche Tipps würden Sie hierfür geben?


Man soll es so sagen, wie es passiert ist und nicht verharmlosen. Man soll offen und ehrlich mit diesem Thema mit Kindern umgehen. Z.B. Rituale, malen und basteln 


Sind Sie mit Herzblut dabei? Erfüllt Sie ihre Tätigkeit? 


Ja.


Haben Sie schon einmal mit den Angehörigen Tränen vergossen? Finden Sie mitweinen unprofessionell? 


Nein, ich hatte nur schon mal einen Klos im Hals. Man darf weinen.


Verändert diese Arbeit den Blick auf das Leben und die eigene Sterblichkeit?  


Auf jeden Fall! 


Schätzen Sie ihr Leben und das, was Sie haben mehr Wert als vorher? 


Ja!


Leben Sie bewusster und intensiver? 


Jaaa! Ich genieße mein Leben jetzt intensiver. Ich nehme mir Freiheiten raus, die ich vorher nicht hatte. Ich mache mich nicht verrückt für Dinge, die man nicht ändern kann. Ich genieße das Leben!  


Wie viel denken Sie außerhalb Ihrer Arbeitszeit über Ihre Tätigkeit nach? 


Man denkt ständig daran, wenn man Bereitschaft hat,oder wenn bei Freunden ein Todesfall ist. Und wenn im Medienbereich etwas darüber kommt. 


Hat sich Ihre Einstellung zum Leben (und zum Tod) durch diese Arbeit verändert?  


Ja, selbstverständlich! 


Haben Sie Angst vor dem Tod? 


Nein! 


Haben Sie sich schon Gedanken über Ihren eigenen Tod gemacht, und wie Sie bestattet werden möchten? 


Ja. Ich möchte nicht an Krankheit sterben, einfach nicht mehr aufwachen. Ein schöner Tod. Ich möchte eine Feuerbestattung und dann in ein Kolumbarium.